Spricht Gott Dialekt?

 

 

Liebe Gemeindeglieder, 

liebe Leserinnen und Leser, 

 

manchmal ist das eine ganz schöne Huhdelei mit der Sprache (auch für die Sprachkorrektur meines Computers, die das Wort Huhdelei sofort korrigieren will). Ach, Sie wissen auch nicht, was Huhdelei bedeutet? Macht nichts. Ich wusste es auch nicht, bis ich mit meiner Familie ins Vogtland gezogen bin. Es bedeutet: Etwas macht Probleme oder ist ein Ärgernis. Wir haben auf Anhieb nicht alles verstanden und mussten uns erst einmal neifitzn ins Vogtländische. Oh, Entschuldigung: Wir mussten uns hineindenken, es neu erlernen. Eine Kostprobe gefällig? Wenn man dr Hos im Garten sieht, dann hängt nicht etwa die Hose auf der Wäscheleine, sondern es hoppelt ein Hase durch den Garten. Auf der Wäscheleine hängt nämlich de Hues. Um ein Buch aus dem obersten Regal zu holen, stieg ich auf de Hitsch (Fußbank). Unnre Gungen (unsere Jungs) hatten es da schon leichter. Se redn bis heit so – wenn sie wollen. Aber auch wir Erwachsenen haben es im Laufe der Zeit zumindest gelernt, vieles zu verstehen.

 

Mit Gott erging es mir übrigens genauso. Als ich ihm nur hin und wieder begegnete und er mir im Grunde fremd war und ich ihn noch nicht richtig kannte, habe ich ihn oft nicht verstanden. Seine Welt war nicht meine Welt, seine Sprache nicht meine Sprache – er hatte einen Dialekt, der mich fragend zurückließ. Wie meint Gott das jetzt? Was will er mir damit sagen? Ich verstehe das nicht!

Nachdem ich aber eine gewisse Zeit mit ihm verbracht hatte, verstand ich ihn immer besser: Ach, so ist das also gemeint, wenn Gott sagt, dass mein Leben in seiner Hand liegt (in guten und in schweren Zeiten). So ist das gemeint, wenn er sagt, dass er mich liebt und mir Schuld vergibt. Darum ist Nächstenliebe so wichtig und ich darf auch mich selbst annehmen, weil er mich angenommen hat. Tatsächlich: Je mehr Zeit ich mit Gott verbringe, desto besser verstehe ich ihn – es funktioniert bei ihm genauso gut, wie bei den Vogtländern.

 

Verstehe ich jetzt alles, wenn meine vogtländischen Freunde mit mir reden? Nein, manches erschließt sich mir bis heute nicht, besonders, wenn sie etwas ausdrücken wollen, was man eben nur im Vogtländischen ausdrücken kann. Ich glaube, auch Gott kann manchmal Dinge nicht anders ausdrücken oder umschreiben, weil die Wahrheit eben nur so ausgedrückt werden kann. Und er muss darauf hoffen, dass ich es irgendwann verstehen werde. 

 

Und noch etwas fällt mir auf. Zu Beginn unserer Zeit im Vogtland versuchten die Menschen, möglichst Hochdeutsch, also in unserer Sprache, mit uns zu sprechen. Aber im Laufe der Zeit, als wir immer vertrauter miteinander wurden, verfielen sie mehr und mehr in ihre eigene Mundart und trauten uns zu, dass wir sie verstehen. Und Gott? Er macht es genauso: Zu Beginn lässt er sich sehr auf meine Sprache, auf mein Verständnis, ein – wir wollen uns schließlich kennenlernen und verstehen. Aber nach und nach mutet er mir mehr zu und ich muss wichtige Begriffe in seiner Sprache lernen.

 

Und manchmal ist das echt schwer. Was ist beispielsweise dr Neiegoarschheilichohmd? Nein, das verrate ich jetzt nicht. Sie denken, das ist gemein? Mag sein, aber ich mache es wie Gott: Er lässt uns auch manchmal zappeln und will, dass wir allein darauf kommen. Aber einen Tipp gebe ich doch: Wir haben dieses Ereignis mit unseren vogtländischen Freunden immer am 31. Dezember gefeiert. Und im nächsten Gemeindebrief gibt es die Auflösung…

 

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sommer und lassen Sie sich nicht in durr Sunn ne Ranzn vurrbrenn!

 

Ihr Pastor

Michael Bausmann

 

PS: Ist das meine Sprachkorrektur, die hier so qualmt?