Kirche - stark abstiegsgefährdet!
Liebe Gemeindeglieder,
liebe Leserinnen und Leser,
und? Haben Sie sich in der Sonne den Bauch verbrannt? Erinnern Sie sich? Im letzten Gemeindebrief habe ich Sie in vogtländischer Mundart gebeten, darauf aufzupassen, dass das nicht passiert. Und nun ist der Sommer noch gar nicht ganz vorbei, und doch feiern wir in wenigen Monaten Neiegoarschheilichohmd, also Neujahrsheiligabend. So nennen die Vogtländer Silvester. Soweit die versprochene Auflösung…
Aber nun zu einem anderen Thema. In den vergangenen Wochen war sie in den Schlagzeilen: die Kirche. Es waren keine positiven, sondern eher ernüchternde Nachrichten. Die Kirche befindet sich im Niedergang – oder wie wir Fußballfans sagen: Sie ist stark abstiegsgefährdet. Es sieht nicht so aus, als ob sie die Klasse halten könnte.
Immer mehr Menschen kehren der Kirche den Rücken. Auch in unseren Dörfern. Woran liegt das? Ich will es einmal in der Fußballsprache ausdrücken: Die Spielweise der Kirche ist unattraktiv. Sehr defensiv. Allein auf Verteidigung angelegt, um möglichst lange kein weiteres Gegentor zu kassieren. Kaum Ideen nach vorne. Keine Durchschlagskraft. Keine Torgefahr. Da bleiben die Zuschauer weg, die Ränge leeren sich. Schwindende
Zuschauereinnahmen. Auf so ein Spiel kann man gerne verzichten.
Dabei war das einmal anders. Es gab eine Zeit, da spielte die Kirche in der Champions League. Als Traditionsverein. War relevant in der Liga. Über 90% Zuspruch. Die Stadien waren gefüllt.
Aber es nützt nichts, den alten Zeiten hinterherzutrauern. Sie kommen nicht zurück. Traditionsvereine haben es zunehmend schwer, sich gegen neue Vereinsmodelle durchzusetzen. Die Rahmenbedingungen haben sich geändert.
Was also tun als Kirche? Zunächst einmal müssen die Rahmenbedingungen und die Ausgangslage akzeptiert werden. Man spielt gegen den Abstieg und man sollte nicht so tun, als ob man noch einer der Großen ist und um die Meisterschaft spielt. Auch kleine Erfolge zählen. Allerdings darf das nicht zu einer destruktiven Spielweise führen. Nur ein attraktives Spiel hat auf Dauer Erfolg, destruktives Spiel ist höchstens kurzfristig erfolgreich. So konnte sich Otto Rehhagel mit der griechischen Nationalmannschaft 2004 den Europameistertitel „ermauern“, nachhaltigen Erfolg hatte das nicht.
Es geht als Kirche darum, die eigenen Stärken ins Spiel zu bringen, die Kernkompetenz herauszustellen. Und das war, ist und bleibt das Evangelium von Jesus Christus und die darin sichtbare gewordene Liebe Gottes. Diese DNA muss bei jedem Spielzug der Kirche spürbar sein. Der Mehrwert für mein (ewiges) Leben weckt dann Lebens- und Glaubensfreude in mir.
Dazu muss die Leistung auf dem Platz stimmen. Wenn beim Fußball nicht anständig gekickt wird, kommt keiner mehr. Das ist in der Kirche nicht anders. Voller Einsatz ist gefragt. Allerdings ist die Kirche nicht von meinem Können und Versagen abhängig, sondern mein Einsatz und meine Leistung bestehen darin, dem Geist Gottes Raum zu geben.
Es bleibt festzuhalten: Die Saison ist für die Kirche noch nicht beendet. Wer weiß, vielleicht kann der Abstieg noch verhindert werden? Beruhigend ist: unabhängig davon bleibt Gott auf jeden Fall erstklassig.
Zum Schluss noch zwei Bemerkungen, die das bisher Gesagte richtig einordnen sollen: 1. Die Frage nach der Zukunft der Kirche und des Glaubens ist viel komplexer als hier dargestellt. Es ist lediglich ein Kratzen an der Oberfläche bzw. der Versuch, den Ball im Spiel zu halten. 2. Wenn in dieser Andacht von Zuschauern die Rede ist, dann ist das irreführend. Es gibt in der Kirche im Gegensatz zum Fußball keine Zuschauer, sondern alle spielen mit und können den Spielverlauf beeinflussen. Vielleicht spielst gerade Du den nächsten Traumpass!
Ihr Pastor
Michael Bausmann